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Suffizient bauen – Es muss nicht immer pompös sein

Die eigenen vier Wände sind für viele Menschen die größte Investition ihres Lebens. Großer Garten, Garage, Keller oder Ankleidezimmer: Im eigenen Zuhause werden Wohnträume real. Kompromissbereitschaft ist hier oft ein Fremdwort. Schließlich baut man nur einmal. Daher geht der Trend in Deutschland seit Jahren zu mehr Wohnfläche – auch verstärkt durch die Corona-Pandemie und das Arbeiten im Homeoffice. Aber Hand aufs Herz: Wird dieser Platz wirklich gebraucht? Umwelt, Geldbeutel und Architekt Sven Haustein von der Bausparkasse Schwäbisch Hall sagen „Nicht um jeden Preis!“.

Laut einer Auswertung von Empirica Regio ist die Wohnfläche pro Kopf zwischen 2015 und 2020 in ländlichen Regionen um 3,7 Prozent und in Großstädten um 1,5 Prozent gestiegen. 47,4 m² bewohnt der Durchschnittsbürger also. Mehr Wohnraum kostet natürlich auch mehr – insbesondere heutzutage: Bauland ist knapp und teuer, die Energie- und Materialpreise steigen stetig. Gleichzeitig versuchen Bauherren zunehmend, die CO2-Bilanz ihres Hauses niedrig zu halten. Noch setzen sie dabei mehrheitlich auf Energieeffizienz. Aber auch Suffizienz ist ein wichtiger Hebel.

Suffizienz: Weniger ist mehr Wertschätzung

Suffizienz zielt darauf ab, persönliche Bedarfe und Wünsche mit gesellschaftlichen und ökologischen Grenzen in Einklang zu bringen und sich freiwillig auf das Nötigste zu beschränken. „Suffizienz bedeutet nicht auf etwas zu verzichten, das man braucht. Es bedeutet, sich bewusst darüber zu werden, was man wirklich zum Leben benötigt – ohne dabei Verzicht zu empfinden“, so Haustein. Indem man Baustandards kritisch hinterfragt, lässt sich individuell herausfinden, was in den eigenen vier Wänden unerlässlich ist und was nicht. Wer suffizient bauen möchte, sollte sich darüber bereits während der Planung bewusst sein. Der effizienteste Hebel dabei ist die Wohnfläche. Aber auch bei der Ausstattung wird inzwischen viel als Standard gesetzt, was man hinterfragen kann, z.B. elektrische Rollläden. Wird klug und bewusst minimiert, und nachhaltig und sparsam geplant, leiden Wohnqualität und persönlicher Komfort auch nicht. Und: „Durch das Bewusstsein dafür, welche Bedürfnisse man wirklich hat, lernt man, das eigene Wunschobjekt besser wertzuschätzen“, weiß der Experte.

Eine Grundsatzfrage: Erste Wahl aus zweiter Hand

„Suffizienz beginnt bereits bei der Wahl des Grundstücks: Innerörtliche Nachverdichtung statt Neubau auf der grünen Wiese, Reihenhaus oder Doppelhaus statt freistehend“, erklärt der Schwäbisch Hall-Architekt. Grundsätzlich gilt wie bei anderen Ansätzen des nachhaltigen Bauens: Sanieren und Umbauen statt Neubau. Die Gründe sind offensichtlich: Es kommen weniger Material und Energie zum Einsatz. Daher sollten sich Immobilieninteressenten fragen: Lassen sich meine Wohnwünsche nicht ebenso gut mit einer Bestandsimmobilie erfüllen? Sven Haustein kennt die Vorteile: „Man sieht von Anfang an, worin man wohnen wird und kann meist schneller einziehen. Und je mehr von der Original-Bausubstanz erhalten bleibt, umso weniger Stress hat man in der Bau- und Planungsphase. Im Ergebnis hat man dann zumeist ein günstigeres Zuhause in meist besserer Lage.

Geringere Wohnfläche bedeutet weniger Emissionen und Kosten

Suffizienz beginnt bereits bei der Wahl des Grundstücks. Je kleiner der Wohnraum, desto weniger muss gebaut, ausgestattet und beheizt werden.
Beim bewussten Verzicht ist die Planung das A und O. Denn: Wohnqualität und zukünftige Bedarfe sollen nicht zu kurz kommen. (Foto: SchwörerHaus)

„Je kleiner der Wohnraum, desto weniger muss gebaut, ausgestattet und beheizt werden,“ erklärt Haustein. Ist die Wohnfläche geringer, wird weniger Material aufgewandt und der Preis des Bauvorhabens sinkt: „Jeder eingesparte Quadratmeter entlastet das Budget um 1.500 bis 5.500 Euro, je nach Baumaterialien“, ergänzt er. Hinzu kommt, dass weniger Energie zum Heizen benötigt wird. Das reduziert die Heizkosten und damit die CO2-Emissionen. Letztere auch, weil sich graue Energie, die bei der Produktion und dem Transport von Baumaterialien aufgewandt wird, einsparen lässt. Fest steht: Es lohnt sich, auf eine flächensparsame Grundrissplanung und ein ausbaureduziertes Gebäudekonzept zu setzen – ohne „Extras“ wie Balkone, Anbauten, Garagen, Keller oder Gästezimmer. Oftmals sind diese Räume ungenutzt und besitzen keinen Mehrwert. Denn: Als Lagerplatz kommt der Abstellraum in Frage, für das Auto der Carport und für Gäste die ausziehbare Couch im Wohnzimmer. „Multifunktionalität“ ist das Motto.

Zukunftsfähige Immobilie durch bauliche Flexibilität

Dass Immobilien in naher oder ferner Zukunft einem sich ändernden Bedarf angepasst werden können, sollten Bauherren von vornherein berücksichtigen. Das bedeutet nicht, dass ein Haus auf Verdacht groß gebaut werden soll, sondern dass die Struktur erweiterbar ist oder später in kleinere Wohneinheiten aufgeteilt werden kann. So bleibt auch für zunächst zurückgestellte Wünsche noch Hoffnung: „Was nicht sofort umgesetzt wird, lässt sich nachträglich anbauen oder nachrüsten. Ein positiver Nebeneffekt des Aufschiebens ist sicherlich, dass den Besitzern der Wert des Wunschobjekts vor Augen geführt und die spätere Nutzung intensiver erlebt wird. Am Ende hat man so vom anfänglichen Verzicht vielleicht sogar mehr“, verrät der Experte.

Quelle: Bausparkasse Schwäbisch Hall AG

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